Digitalisierungsexperte Sebastian Bourne: Die E-Rechnung kommt! Was müssen Unternehmer:innen tun?
26.06.2024 Experten-Wissen

Digitalisierungsexperte Sebastian Bourne: Die E-Rechnung kommt! Was müssen Unternehmer:innen tun?

Sebastian Bourne ist der Spezialist für digitale Prozesse. Im folgenden Interview beantwortet er wichtige Fragen zur elektronischen Rechnung.

Porträt von Interviewpartner Sebastian Bourne

Ab Januar 2025 ist die elektronische Rechnung (E-Rechnung) im B2B-Geschäft Pflicht. Aber was genau kommt mit der E-Rechnung auf die Unternehmen zu? Wie können sie sich am besten auf die neue Regelung vorbereiten? Welche Vorschriften sind zu beachten? Welche Abläufe ändern sich? Und warum ist eine E-Rechnung mehr als ein einfaches PDF-Dokument, das per E-Mail verschickt wird?

Sebastian Bourne ist der Spezialist für digitale Prozesse. Außerdem ist er der Host der Podcasts „Zukunft: E-Rechnung“ & „WirliebenHandwerk.digital”. Sebastian Bourne beantwortet im folgenden Interview wichtige Fragen zur elektronischen Rechnung.

Sebastian Bourne, was ist eigentlich eine E-Rechnung?

Sebastian Bourne: Die elektronische Rechnung ist ab dem 01.01.2025 ein strukturierter und elektronischer Datensatz im XML-Format. Dieser wird in einer Software erstellt und im Optimalfall auch direkt per E-Mail versandt. Ziel ist es, die Rechnung vollständig elektronisch zu verarbeiten. Klingt einfach, ist einfach! Es kann jedoch ohne Softwareunterstützung nicht umgesetzt werden, wobei hier mit Software kein Schreib- oder Tabellenprogramm wie Microsoft Word oder Excel oder Ähnliches gemeint ist.

Die Basis für die elektronische Rechnung wurde durch eine europäische Norm geschaffen, die alle Mitgliedsstaaten umsetzen müssen. Wir in Deutschland sind da recht spät dran, denn in Frankreich, Italien, Polen, Spanien, Portugal und anderen Ländern wurde die elektronische Rechnung bereits umgesetzt und landesweit eingeführt.

Wer im GaLaBau bereits mit öffentlichen Auftraggebenden wie Gemeinden, Stadtverwaltungen, Bund und Ländern arbeitet, wird die XRechnung bereits kennen.

Mit der CEN 16931 wird die grundlegende Struktur standardisiert, welche Informationen innerhalb der XML-Datei stehen müssen. Dabei sind die Reihenfolge und die Bezeichnungen der Datenfelder zur Internationalisierung in Englisch gehalten.

Nach aktuellen Meinungen und technischen Umsetzungen wird nicht nur der reine XML-Datensatz akzeptiert werden, sondern auch das hybride ZUGFeRD-Format, das eine PDF/A-3-Datei mit dem XML-Datensatz darstellt und damit digital verarbeitet werden kann. Hierbei ist das PDF/A-3 nicht die tatsächliche Rechnung, sondern nur der Krückstock für die Übergangszeit.

Warum wird die E-Rechnung eingeführt?

Sebastian Bourne: Es gibt unterschiedliche, oft sehr emotional diskutierte Ansätze, wieso die elektronische Rechnung nun gesetzlich über das Wachstumschancengesetz eingeführt wurde.

Lösen wir uns aber von dem „Warum“ und damit von dem negativen faden Beigeschmack!

Die elektronische Rechnung stellt eine enorme Chance für alle, auch GaLaBau-Unternehmen, dar. Inhaltlich falsche Rechnungen, Rechnungserstellung mit Schreibmaschine oder handschriftlich auf einem Quittungsblock sind Vorgehensweisen, die leider noch zu oft vorkommen – auch im Jahr 2024.

Die Chancen lauten unter anderem:

  • fehlerfreie Rechnungen, die Mindestanforderungen erfüllen
  • rechtzeitig gestellte Rechnungen
  • Nachvollziehbarkeit in Erstellung (wer, wann, wo) und Änderung von Rechnungen
  • aktives Mahnwesen
  • keine Fahrzeit mehr zur Steuerberatungskanzlei, weil die Belege digital übertragen werden
  • Umsatzsteuerbetrügereien und Schwarzarbeit werden reduziert
  • Nachhaltigkeit und Umweltschutz

Aus welchen Gründen auch immer nun die elektronische Rechnung in deinem Betrieb umgesetzt wird: Mir ist sehr wichtig, dass du mit deinem Team diese und weitere Chancen erkennst und daher mit Motivation in die Umsetzung startest.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Sebastian Bourne: Jedes Unternehmen und damit auch jedes GalaBau-Unternehmen ist betroffen, auch von dir beauftragte Subunternehmen, deine Händler, jeder Hersteller und alle Auftraggebenden sowie alle Rechnungsempfangenden, sofern diese nicht Privatkunden sind.

Ob du mit deinem Unternehmen auch die elektronische Rechnung ab dem 01.01.2025 nutzen musst, also schreiben und versenden, werde ich gleich erläutern. Eine Frist darf und sollte aber nicht deine „Motivation“ sein. Stelle dein Unternehmen für eine sichere und planbare Zukunft auf! Starte mit deinem Team und der Anwendung der elektronischen Rechnung in allen Bereichen ab dem 01.01.2025!

Welche Fristen gibt es?

Sebastian Bourne: Ab dem 01.01.2025 musst du mit deinem Betrieb E-Rechnungen empfangen können. Das bedeutet, dass du entweder eine Handwerkersoftware dazu benötigst oder dass deine Buchhaltungssoftware dies können muss.

Prüfe also, ob deine Buchhaltungssoftware das kann, und erkundige dich beim Anbieter deiner Handwerkersoftware, ab wann und wie die Eingangsrechnungen ausgelesen werden können.

Vom 01.01.2025 bis zum 31.12.2026 brauchst du die Zustimmung des Rechnungsempfangenden, dass dieser mit einer anderen Form als der elektronischen Rechnung einverstanden ist. Dazu solltest du dich schriftlich absichern, wenn du hier eine andere Form der Rechnung als die XRechnung oder das ZUGFeRD-Format nutzen willst.

Diese Frist verlängert sich bis zum 31.12.2027, wenn du mit deinem Betrieb weniger als 800.000,00 Euro Umsatz im Jahr 2026 erwirtschaftest und die Rechnungsempfangenden dem weiterhin zustimmen.

Ab 01.01.2028 muss dein GaLaBau-Unternehmen dann die CEN 16931 und somit die XRechnung vollumfänglich umgesetzt haben.

Welche technischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Sebastian Bourne: Rechnungen dürfen ab dem 01.01.2025 nicht mehr auf der Schreibmaschine, per Handschrift, per Word oder Excel-ähnlichen Programmen erstellt werden. Weil die XRechnung und die ZUGFeRD-Rechnungen digitale Dateien sind, müssen diese per E-Mail verschickt oder in Portalen hochgeladen werden.

Falls du weitere papierbasierte Arbeitsabläufe und Dokumente hast, dann besteht die nächste Hürde darin, eine Handwerkersoftware zu finden, die die E-Rechnung ab dem 01.01.2025 in der Rechnungserstellung zur Verfügung stellt. Gleichzeitig muss deine Buchhaltungssoftware die E-Rechnung einlesen, verarbeiten und digital an deine Steuerberatungskanzlei weiterleiten können.

Als Nächstes brauchst du eine E-Mail-Adresse. Ich rate dringend dazu, für deine Rechnungen zentrale Mailadressen mit jeweils eigenen Postein- und -ausgangsfächern in deinem Mailclient anzulegen, damit du kein Problem mit der DSGVO bekommst. Mailadressen wie Rechnung@firmenname, Buchhaltung@firmenname, Eingangsrechnung@firmenname oder Ausgangsrechnung@firmenname können hier mögliche Gedankenspiele sein, die du umsetzen solltest.

Beachte auch die 10 Jahre Aufbewahrungspflicht und Aufbewahrungsfrist – auch für E-Rechnungen.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Umstellung auf die E-Rechnung?

Sebastian Bourne: Unternehmen, die Angebote, Aufmaße, Abnahmeprotokolle oder Rechnung noch auf Papier pflegen und verteilen, brauchen bis zum 01.01.2025 eine Software, mit der sie diese Dokumente erstellen können.

Die Auswahl der Software und die Anforderung an mögliche Schnittstellen in Richtung Buchhaltung als auch Steuerberatungskanzlei können zeit- und kostenintensiv sein.

Mit den technischen Anforderungen ist jedoch schon einmal ein erster Schritt gemacht, und bei der Steuerberatungskanzlei kann ich mich kurz nach der Buchhaltungssoftware erkundigen und somit den Handwerkersoftware-Anbieter nach dieser Schnittstelle fragen, damit die Rechnungen digital und voll automatisiert an die Kanzlei übermittelt werden können.

Neben den E-Mails braucht es auch Back-ups diverser digitaler Geräte und der gesamten Software. Mindestens braucht es drei Datensicherungen neben dem Live-System, davon zwei im und eine außer Haus oder gar in der Cloud.

Neben deiner Handwerkersoftware müssen auch deine Buchhaltungssoftware und die Software deiner Steuerberatungskanzlei die E-Rechnung annehmen, darstellen und verarbeiten können.

Welche Vorteile bietet die E-Rechnung?

Sebastian Bourne: Sprechen wir nun über die Möglichkeiten, Chancen und Optionen der digitalen Rechnungen in Form der elektronischen Rechnung.

Es gibt viele Vorteile, die für die elektronische Rechnung sprechen:

  • Transparenz
  • weniger Kontrolle erforderlich
  • generelle Zeitersparnis
  • automatisierbare Rechnungsprüfung
  • vereinfachte Rechnungserstellung
  • schnellere Bezahlung oder schnellerer Geldeingang
  • Liquidität durch bessere Finanzplanung
  • beschleunigte Geldein- und -ausgänge
  • Verbesserung der Arbeitsabläufe
  • Kostensenkung durch weniger Aufwand an Material und Zeit

Welche Herausforderungen gibt es?

Keine Panik! In deinem betrieblichen Alltag als GaLa-Bauer hast du schon ganz andere Projekte umgesetzt, und das mit Ruhe, gesundem Menschenverstand, Kommunikation und Fleiß. Also nutze genau diese Tugenden und gehe an das Thema Elektronische Rechnung in deinem Unternehmen genauso heran. Du gehst als Unternehmer:in voran und schaffst AKZEPTANZ. Die „Herausforderung“ besteht also darin, dein Team aufzuklären, zu sensibilisieren, zu qualifizieren und somit nachhaltig zu entwickeln.

Die Arbeit mit digitalen Geräten, wie PC oder Laptop, Smartphone, Tablet oder auch betrieblichen Maschinen, wird in Zukunft immer wichtiger. Es wird Zeit in Anspruch nehmen, hier die richtige Balance zu finden. Wenn du in deinem Unternehmen diese technischen Hürden gelöst hast, ist es nicht mehr weit bis zur elektronischen Rechnung.

Wie können sich Unternehmer:innen auf die E-Rechnung vorbereiten?

Es gibt eine ausreichend große Anzahl an Personen im Umfeld des betriebswirtschaftlichen Ablaufs deines Betriebs, die sich mit dem Thema elektronische Rechnung bereits auskennen. Dazu gehört beispielsweise der Anbieter und Support deiner Handwerker- und Buchhaltungssoftware oder deine Steuerberatungskanzlei, denn diese muss die fertigen Belege ab dem 01.01.2025 auch vollumfänglich verarbeiten.

Falls du dir unsicher bist, schreibe E-Mails oder vereinbare Termine zur Klärung. Achte auch auf Info-Angebote deiner Dienstleister und nimm daran teil. Mache dir Notizen, die du dann intern digital aufbereitest.

Dein Briefpapier ist ab sofort durch die digitale Rechnungsstellung und den Versand per E-Mail hinfällig, aber auch die Darstellung auf dem Monitor reicht für eine tatsächliche digitale Rechnung nicht aus. Hierzu musst du in deiner Handwerkersoftware deine Firmen-Stammdaten vollständig eingeben und speichern.

Außerdem musst du Kundenstammdaten und Artikelstammdaten vollständig eingegeben bzw. eingelesen und sicher gespeichert haben.

Zu den Mindestanforderungen von Rechnungen gehören:

  • Unternehmensstammdaten, Rechnungsempfänger:in, Artikelstammdaten
  • Rechnungsdatum, Leistungs-/Ausführungszeitraum, fortlaufende Rechnungsnummer
  • Zahlungsbedingungen, Rabatte, Nachlässe, Lieferkosten, Skonto und die Währung „Euro“
  • Hinweise auf Steuerbefreiung bzw. Reverse-Charge-Verfahren
  • Sicherheitseinbehalte, Baunebenkosten und Bauwesenversicherung

Hast du zum Abschluss dieses Gesprächs Tipps und Tricks für die erfolgreiche Umstellung auf die elektronische Rechnungsstellung?

Sebastian Bourne:

  • Ruhe bewahren, hinsetzen, sprechen, Plan machen – umsetzen!
  • Höre dir den Podcast „Zukunft: E-Rechnung“ ((wirliebenhandwerk.digital/podcast-wirliebenhandwerk-digital/)) an, denn hier teilen wir unser Wissen und stellen Fragen an die unterschiedlichsten Prozessbeteiligten!
  • Fange, so schnell es geht, mit deiner betrieblichen Datenpflege an!
  • Handwerkersoftware Support anschreiben und fragen, ab wann es bei diesen losgeht, damit du notfalls noch für einen Wechsel Zeit hast!
  • Steuerberatungskanzlei ansprechen, wie der Stand der Dinge kanzleiintern ist.
  • Buchhaltungssoftware suchen, die elektronische Rechnung als Eingangsrechnung darstellt und unterstützt!
  • Team sensibilisieren, qualifizieren und schulen!

Sebastian Bourne wird auch im Rahmen eines Expertengesprächs zum Thema E-Rechnung auf dem Forum DIGITALISIERUNG PRAKTISCH GESTALTEN im Rahmen der GaLaBau 2024 in Nürnberg ausführlich auf Fragen rund um die E-Rechnung antworten.

Auf dem Forum DIGITALISIERUNG PRAKTISCH GESTALTEN haben Sie an vier Tagen die perfekte Möglichkeit, sich über die aktuellen Trends und über praxisorientierte Lösungen im Bereich der Digitalisierung in Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus zu informieren, um Ihre Projekte und Strategien weiterzuentwickeln.

Alle Forenthemen und -zeiten an den jeweiligen Messetagen sowie detaillierte Informationen zu den Praxisinterviews, Diskussionen und Exponatvorführungen finden Sie im Veranstaltungsplan des Forums DIGITALISIERUNG PRAKTISCH GESTALTEN.


Autor

Jasmin McNally

Jasmin McNally

Public Relations GaLaBau