Digitalisierungsexperte Heiko Fischer: So behältst du den Überblick bei der Digitalisierung deines Betriebs!
04.09.2024 Experten-Wissen

Digitalisierungsexperte Heiko Fischer: So behältst du den Überblick bei der Digitalisierung deines Betriebs!

Sie stehen ganz am Anfang Ihrer digitalen Reise und fragen sich, wo – und vor allem wie – Sie beginnen sollen? Gute Frage: Eine Priorisierung ist nicht ganz trivial. Wir haben Heiko Fischer von der Wissensplattform 100 PROZENT DIGITAL gefragt, worauf Unternehmer:innen ihr Augenmerk zuerst richten, woran sie bei Digitalisierungsvorhaben denken sollten.

Heiko Fischer im Interview auf der GaLaBau 2024

Heiko Fischer, was brennt den Betrieben hinsichtlich der Digitalisierung grundsätzlich unter den Nägeln? Und welche aktuellen „Schmerzpunkte“ gibt es, die mithilfe von Digitalisierung besonders stark „gelindert“ werden könnten?

Heiko Fischer: Wo fange ich an? Wo höre ich auf? Es ist eine Mischung von zu wenig Wissen und Handlungsdruck, sich verändern zu wollen!

Mit Wissen meine ich Dinge wie:

  • Ach, das kann meine Software? Das wusste ich gar nicht.
  • Oder ich möchte Dinge tun, die meine aktuelle Branchensoftware nicht kann, und ich weiß nicht, wie ich es löse.
  • Es geht aber auch darum, dass oft das Wissen darüber fehlt, was meine Mitarbeiter wollen und wie ich das bestmöglich umsetze.

Aktuelle Schmerzpunkte, die ich bei unseren Kunden wahrnehme, sind oftmals:

  • Meine Branchensoftware kann Dinge nicht oder nur unzureichend, die ich gerne in meinem Betrieb umsetzen möchte.
  • Das Thema „Facharbeiter finden“ brennt auch unter den Nägeln! Was hat das mit der Digitalisierung zu tun? Sehr viel: Für viele jüngere Fachkräfte ist es mittlerweile ein Kriterium, ob z. B. mit einer Auftragsmappe oder mit Tablets gearbeitet wird.

Welche ersten Schritte empfehlen Sie Unternehmer:innen, die jetzt erst in die Digitalisierung einsteigen wollen?

Heiko Fischer: Ich gehe jetzt mal davon aus, dass niemand mehr nur mit Leitzordnern und Taschenrechnern arbeitet! Egal, ob jemand am Anfang steht oder die nächsten Schritte gehen möchte: Es sollte immer einen Plan geben! Dieser Plan sollte auf jeden Fall die Prozesse im Unternehmen abbilden (IST-Zustand), und daraus sollte man ableiten, wo man hinmöchte (SOLL-Zustand). Auf diesen Informationen aufbauend kann man seinen „digitalen Fahrplan“ herausarbeiten.

Wie bzw. wo können und sollten sich Unternehmer:innen welches Grundlagenwissen beschaffen, bevor sie ein Digitalisierungsprojekt starten?

Heiko Fischer: Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten!

  • Recherche im Internet
  • Kolleg:innen fragen
  • Hersteller/Großhändler können unterstützen
  • Der eigene IT-Partner
  • Die Handwerkskammer, hier insbesondere die BIT-Berater
  • Externe Berater
  • etc.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Arbeitsabläufe, Arbeitsbereiche, ja einen ganzen Betrieb erfolgreich zu digitalisieren? Und wie lange dauert dieser Prozess?

Heiko Fischer: Eine pauschale Antwort kann ich leider nicht geben. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B.:

  • Betriebsgröße
  • Aufträge (Quote privat / öffentlich)
  • aktueller Stand der Digitalisierung
  • wie der/die Geschäftsinhaber:in zum Thema steht
  • etc.

Die erste und wichtigste Voraussetzung ist immer: Wie steht der Chef/die Chefin zum Thema Digitalisierung! Im Idealfall brennt diese Person für das Thema, denn sie ist für die Einführung, Umsetzung und Akzeptanz der Mitarbeiter verantwortlich.

Wichtig – finde ich – ist das Schritt-für-Schritt-Vorgehen. Nicht alles gleichzeitig machen. Der Start sollte immer so positiv sein, dass auch die Mitarbeiter sehen: Das bringt etwas! Wer die Mitarbeiter:innen auf seiner Seite hat, tut sich leichter!

Sie sagen, Digitalisierungsprojekte brauchen einen Fahrplan. Wie kann man sich einen solchen Digitalisierungsfahrplan vorstellen und was sollte da alles drin sein?

Heiko Fischer: Kurz gesagt: ALLES! Damit meine ich, dass die Prozesse und Vorgehensweisen im Unternehmen schriftlich festgehalten werden. Nur im Kopf der Unternehmer:innen nützt es keinem etwas. Oben habe ich schon beschrieben, dass ein IST- und ein SOLL-Zustand zu ermitteln sind. Dieses Vorgehen zeigt deutlich, wo Sie stehen und wo Sie hinwollen. Das bildet die Grundlage, aus der Sie den digitalen Fahrplan herausarbeiten können. Der Fahrplan ist Ihre Basis für die Umsetzung.

Aus unserer Praxis heraus ist das deshalb so wichtig, weil aus einem analogen Prozess nicht automatisch ein guter digitaler Prozess wird. Das bedeutet, dass durch die Veränderung automatisch die Prozesse im Unternehmen sehr verbessert werden.

Wie können Unternehmer:innen ohne tiefgreifende IT-Kenntnisse wissen, welche Software und welche Technologie für ihre Anforderungen und für ihr Geschäft überhaupt infrage kommen?

Heiko Fischer: Das stellt für viele eine große Herausforderung dar. Weil ein Handwerker i. d. R. kein IT-Experte ist – und auch nicht sein muss! Dafür gibt es viele Expert:innen, die hier weiterhelfen. Und es macht absolut Sinn, sich dafür jemand zu suchen!

Wie holt man sich bei Bedarf (Digitalisierungs-, IT-)Fachwissen ins Haus? Muss man selbst Schulungen mitmachen, oder gibt es die Möglichkeit, sich Hilfe von außen zu holen? Was wäre hier besser?

Heiko Fischer: Wenn man Zeit und Lust hat, kann man sich selbst schulen. Ich kenne aber sehr wenige Handwerker:innen, die das Thema in Eigenregie durchziehen. Deshalb meine klare Empfehlung: Holen Sie sich Hilfe von Expert:innen! Das spart Zeit und Geld!

Angenommen, alle Voraussetzungen für die Digitalisierung eines Arbeitsbereichs in einem Garten- und Landschaftsbaubetriebs sind erfüllt. Wie wird dann konkret von „analog“ auf „digital“ umgestellt?

Dann heißt es ganz einfach: „machen!“. Es kommt irgendwann der Zeitpunkt, das Ganze in die Praxis umzusetzen. Beispiel: Die Gärtner- und Landschaftsbauer sollen ihre Aufträge via Tablet dokumentieren. Wenn das alles vorher sauber in der Praxis getestet und für gut befunden wurde, muss nun „ausgerollt“ und für alle nutzbar gemacht werden. Das heißt: Schulungen im Vorfeld und dann im Idealfall praktische Begleitung und Anleitung direkt auf der Baustelle!

(Wie) können erfahrene Kollegen bzw. deren Erfahrungen helfen, Fehler bei Digitalisierungsprojekten zu vermeiden? Oder ist tatsächlich jeder Betrieb so „eigen“, dass da jeder selbst „durchmuss“?

Heiko Fischer: Da fange ich gerne am Ende der Fragen an. Ja, jeder Betrieb ist eigen und muss seinen eigenen Weg finden! Wenn ich in meinem Unternehmen etwas nicht weiß, dann frage ich erst einmal „Dr. Google“. Wenn mir das nicht weiterhilft, erkundige ich mich evtl. bei jemandem aus meinem Netzwerk. Wenn mich das auch nicht weiterbringt, wende ich mich an einen Experten.

Aus mehr als 150 Beratungen direkt bei Handwerksbetrieben weiß ich, dass der Erkenntnisgewinn in Bezug auf Zeit- und Geldinvest bei Weitem lohnenswerter ist, als alles in Eigenarbeit hinbekommen zu wollen.

Wo gibt es kompetente Beratung für Unternehmer:innen, die das Thema Digitalisierung nun konkret angehen wollen?

Heiko Fischer: Es gibt bei den Handwerkskammern die BIT-Berater, die man zurate ziehen kann. Darüber hinaus gibt es viele Berater, die Ahnung haben. Es existieren zudem Förderprogramme, die bei der Beratung unterstützen, z. B. Beratung zur Förderung des unternehmerischen Know-hows und Go-Digital. Die Berater sind für diese Programme zertifiziert und es gibt Verzeichnisse. Dort kann man dann Kontakt aufnehmen und sich den geeigneten Spezialisten aussuchen.

Was kostet so eine Beratung und wie finanziert man deren Kosten? Gibt es da die Möglichkeit, auf Förderprogramme zurückzugreifen? Wenn ja: in welchem Umfang?

Heiko Fischer: Das kann man nicht pauschal beantworten! Es hängt von dem Vorhaben und dem Investitionsvolumen ab. Man kann sagen, dass die Förderprogramme zwischen 30 und 50 Prozent der Beratungen abzudecken vermögen. Und das möchte ich nicht vergessen, es gibt derzeit fünf Bundesländer, die auch Investitionen in Hard- und Software fördern.

Welche Tipps und Tricks können Sie zum Abschluss noch geben, die helfen, den Überblick bei der Digitalisierung eines Betriebs zu behalten?

Heiko Fischer: Tipps und Tricks sehe ich keine. Hier ist eine pragmatische und stringente Vorgehensweise angebracht. Und das ist doch für Handwerker nichts Neues – das ist doch die Grundlage für das Tagesgeschäft. Alles beginnt mit dem richtigen Plan. Ohne einen Plan ist alles nichts!

 

Aktuelle Trends und praxisorientierte Lösungen

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Alle Forenthemen und -zeiten an den jeweiligen Messetagen sowie detaillierte Informationen zu den Praxisinterviews, Diskussionen und Exponatvorführungen finden Sie im Veranstaltungsplan des Forums DIGITALISIERUNG PRAKTISCH GESTALTEN.

Autor

Jasmin McNally

Jasmin McNally

Public Relations GaLaBau